Wie Interim Manager helfen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen

«Interim Manager, die im Bereich der Restrukturierung, der Sanierung, des Turnaround Managements oder in der Rolle eines CROs tätig sind, gelten nicht nur als «zahlenorientierte Krisenmanager» oder «harte Kostensenker».

Gerade die besten unter ihnen sind kreative Zukunftsgestalter mit operativer Kompetenz, die Unternehmen dabei helfen, den Wandel aktiv zu nutzen und neue Chancen zu ergreifen.»

Dr. Harald Schönfeld

Die deutsche Automobilindustrie ist ein aktuelles Beispiel für eine Branche in beispiellosem Umbruch. Elektromobilität, autonomes Fahren und veränderte Mobilitätskonzepte stellen etablierte Geschäftsmodelle auf den Kopf. Gleichzeitig belasten Lieferkettenprobleme, steigende Rohstoffpreise und geopolitische Spannungen, wie der Zollstreit mit China, die Branche.

Dieser Sturm der Veränderungen betrifft viele Branchen. So sehen sich etliche Unternehmen mit z.T. existenzbedrohenden Risiken und Krisen konfrontiert. Doch in jeder Krise steckt auch eine Chance – wenn man die richtigen Entscheidungen trifft und dann auch die UMSETZUNG gelingt.

So manche Interim Manager (wohlgemerkt nicht alle!) sind geradezu Experten für konstruktive, zielführende Lösungen, die sich in Krisenzeiten umsetzen lassen. Die ausgeprägte Umsetzungs- und Durchsetzungskompetenz grenzt Interim Manager bekanntlich von Unternehmensberatern ab. So bringen auf «Krise» spezialisierte Interim Manager das nötige Knowhow, Erfahrung und auch die Persönlichkeit mit, um Unternehmen und das Führungsteam darin zu unterstützen, seinen Weg operative durch turbulente Zeiten zu steuern. Und sie können auch Verantwortung übernehmen, z.B. als CRO (Chief Restructuring Officer).

Aber wie genau können diese «Krisen-Profis» in den verschiedenen Stadien einer Unternehmenskrise helfen? Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, wie Interim Manager in jeder Phase einer Krise Mehrwert schaffen können.

Von der Stakeholderkrise zur Insolvenzgefahr: Der Beitrag von Interim Managern

Sanierungsmanager Dr.Dr. Stefan Hohberger (Mitglied Advisory Board butterflymanager GmbH) weist darauf hin, dass sechs Krisenphasen zu unterscheiden sind. Diese befinden sich jeweils vor einem bestimmten strategischen, taktischen oder operativen Horizont mit entsprechend größerem oder kleineren Handlungsspielraum, Risiko- und Ertragspotential:

Abbildung: DR.DR.S.HOHBERGER/H.DAMLACHI: PRAXISHANDBUCH SANIERUNG IM MITTELSTAND, 4.Aufl., SpringerGabler-Verlag 2019, S.42

In jeder dieser Krisenphasen können Interim Manager und Managerinnen wesentliche Beiträge leisten. Dazu im Folgenden eine kleine Übersicht. Die Leserschaft möge mir die Verkürzung nachsehen: JEDER Fall hat seine Besonderheiten (u.a. Eigentümerschaft, Branche, Management-Team, Aufsichtsrat, Unternehmenswerte). Es verdient daher immer eine SPEZIFISCHE, auf das Unternehmen zugeschnittene Antwort auf die Frage, welche Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Rollen ein Interim Manager, bzw. CRO, einnehmen soll – und was dieser an Spezialkompetenz mitbringen und richtig gut können muss:

  1. Stakeholderkrise: Interim Manager als «Vermittler» in stürmischen Gewässern
    In dieser frühen Phase, in der Konflikte zwischen verschiedenen Stakeholdergruppen (wie z.B. innerhalb der Eigentümerschaft, zu Banken, Lieferanten oder Kunden) aufkeimen oder «Blockaden» entstehen, agieren Interim Manager als neutrale Mediatoren. Sie verbessern die Kommunikation, lösen verhärtete Fronten auf und implementieren Frühwarnsysteme, um zukünftige Krisen rechtzeitig zu erkennen.
  2. Strategiekrise: Der Interim Manager als «Wegweiser» in neues, unbekanntes Terrain
    Wenn Marktanteile kleiner werden, die Wettbewerbsstärke nachlässt oder gar das Geschäftsmodell ins Wanken gerät, sind Interim Manager gefragt, um eine umfassende Analyse der Marktposition durchzuführen. Sie entwickeln neue strategische Ausrichtungen, stoßen Innovationsprozesse an und richten Geschäftsfelder neu aus – besonders wichtig in Branchen, die sich radikal wandeln, wie aktuell die Automobilindustrie.
  3. Absatzkrise: Der «Optimierer»
    In dieser Phase nachlassender Umsätze oder Auslastung überarbeiten Interim Manager Marketing- und Vertriebskonzepte, identifizieren Mängel und entwickeln neue Produkte oder Dienstleistungen (Innovationen).
  4. Erfolgskrise: Der «Effizienzsteigerer»
    Wenn der Umsatz und die Gewinne einbrechen und/oder das Eigenkapital schrumpft, leiten Interim Manager meist Sofortmaßnahmen zur Kostensenkung ein. Sie optimieren Prozesse, verbessern das Working Capital Management, setzten Restrukturierungspläne um – alles mit dem Ziel, das Unternehmen wieder profitabel zu machen.
  5. Liquiditätskrise: Der «Finanzierungsprofi»
    In dieser kritischen Phase geht es um Cash-Flow und Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. So erstellen Interim Manager z.B. detaillierte Liquiditätspläne, führen Verhandlungen mit Gläubigern und setzen «harte Einschnitte» durch; sie versuchen (ggfs. verlorenes) Vertrauen wieder zu gewinnen.
  6. Insolvenzgefahr: Der letzte «Rettungsanker»
    Selbst wenn das «Wasser bis zum Hals» steht, können Interim Manager noch wertvolle Dienste leisten. Sie prüfen Insolvenzantragsgründe, erstellen Sanierungskonzepte für eine mögliche Insolvenz in Eigenverwaltung und begleiten, wenn nötig, die geordnete Abwicklung oder den Verkauf des Unternehmens.

Der Mehrwert von Interim Managern in der Krise

Was macht Interim Manager (m/w/d) so wertvoll in Krisenzeiten? Es ist ihre Kombination aus Erfahrung, Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit.

  • Sie bringen nicht nur spezifisches Fachwissen mit, sondern auch die Fähigkeit, unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen durchzusetzen – in vielen Fällen auch im Hinblick auf die Beziehung zu wichtigen Stakeholdergruppen, wie die Belegschaft.
  • «Vertrauen» spielt eine enorme Rolle. Einer unabhängigen Person mit hoher Expertise, die vergleichbare Situationen schon mehrfach erfolgreich gelöst hat, öffnen sich manche Türen (z.B. zu neuen Finanzierungslösungen), die sonst verschlossen geblieben wären.
  • Gerade in Branchen, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befinden, können Interim Manager den entscheidenden Unterschied machen. Sie helfen Unternehmen, sich schnell an neue Marktbedingungen anzupassen, innovative Technologien zu integrieren und ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu gestalten.

Interim Manager, die im Bereich der Restrukturierung, der Sanierung, des Turnaround Managements oder in der Rolle eines CROs tätig sind, gelten daher nicht nur als «zahlenorientierte Krisenmanager» oder «harte Kostensenker». Gerade die besten unter ihnen sind kreative Zukunftsgestalter mit operativer Kompetenz. Sie helfen Unternehmen dabei, den Wandel aktiv zu gestalten und neue Chancen zu ergreifen. In einer Zeit, in der Agilität und Anpassungsfähigkeit über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, sind Interim Manager mehr denn je gefragt. Sie unterstützen Unternehmen, durch stürmische Gewässer voller Wandel in eine erfolgreiche Zukunft zu steuern.

Text:
Dr. Harald Schönfeld

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